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Bechersonnenuhr von Markus Purmann

Inventarnr. 1681
Systematik 310.10.12 Physik / Sammlung der bayerischen Akademie der Wissenschaften / Astronomie
Beschreibung Die vorliegende Sonnenuhr hat die Form eines Bechers mit dem Schattenstab senkrecht in der Mitte. Dessen Spitze bildet eine kleine Kugel. Wenn der Becher mit Hilfe des Kompasses richtig ausgerichtet ist, dann zeigt die Spitze des Schattenstabs auf den Linien der Becherinnenseite die wahre Ortszeit an. Das Liniennetz besteht aus zwei verschiedenen Zeitsystemen. Eines ist gültig im ungefüllten Zustand ("sine aqua"), das andere im gefüllten ("refractorum aquae"). Die lateinische Inschrift macht bereits deutlich, dass dann Refraktion, also Brechung, eine Rolle spielt: Beim Durchgang der Lichtstrahlen durch das Wasser werden diese abgelenkt und enden daher leicht versetzt auf der Becherinnenseite.
Bei einem anderen Exemplar einer Bechersonnenuhr von Purmann, das in Fotos der Plansammlung des Deutschen Museums wiedergegeben ist, kann der Gnomon aus dem Becher herausgenommen werden.
Das sehr eigenwillig gestaltete Instrument entstand nicht im Umfeld des kaiserlichen Hofs, sondern in der Residenzstadt München. Die Bechersonnenuhr wurde 1602 von dem Uhr- und Kompassmacher Markus Purmann (Lebensdaten unbekannt) aus vergoldetem Messing angefertigt. Markus Purmann wird in den Münchener Hofkammerprotokollen am 7. Juli 1588 als Uhr- und Kompassmacher erwähnt. Später hat er offenbar auch Trompeten angefertigt, denn in den bayerischen Hofzahlamtsrechnungen taucht er 1590 auf: "Marxen Purman, compastmachern per ausbösserung der trommeten und macherlon etlicher dazugehörigen mundstückh und anderen instrument fl 3.11". In eben diesem Jahr 1590 stellte er eine weitere Bechersonnenuhr her, die sich heute in der Sammlung des Nürnberger Germanischen Nationalmuseums befindet. Diese funktioniert nur mit Wasserfüllung: "WAN ICH BIN EINGESCHENKET VOL: SO ZAIG ICH DIE STUNDT GOR WOL. BIN ABER LEHR: SO DUE ICHS NIT MER".
Vielleicht wollte man hier die im Alten Testament erwähnte Sonnenuhr des Königs Achas nachbilden, bei der der Schatten rückwärts ging. Sicher ist, dass die Sonnenuhrmacher zu allen Zeiten gerne ihre Fähigkeit demonstrierten, die Stundenlinien auch für besonders ausgefallene Flächen konstruieren zu können. Außer der vorliegenden Sonnenuhr stellte Purmann zum Beispiel auch Sonnenuhren in Form von Kruzifixen her, eine Auswahl seiner Werke besitzt etwa das Museum of the History of Science in Oxford.
Ähnliche Objekte befinden sich laut Kern im Museum of the History of Science, Oxford (Inv. Nr. 51021) sowie im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg. In den Listen säkularisierter Instrumente im Bayerischen Hauptstaatsarchiv taucht nur eine Becher-Sonnenuhr unter Nr. 977 auf. Sie war wahrscheinlich zuvor im Kloster Andechs. Ob sie mit vorliegendem Exponat identisch ist, erscheint angesichts des angegebenen Wertes von nur 48 Kreuzern aber fraglich.
https://digital.deutsches-museum.de/item/1681/
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Beteiligte Hersteller: Purmann, Markus
Orte München
Datierung Herstellung: 1602
Material Messing
Glas
Magnetit
Beschriftung Schlagzahl/-stempel: [Innenseite, Rand oben:] MARCVS PVRMAN MONACHI FACIEBAT / ELEVATIO POLI. 48 GRAD ANNO / 1602 // [Symbole für Tierkreiszeichen] / 10 11 12 [...] 24
Maße Objektmaß (H/L x D): 125 x 85 mm
Literatur
  • Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11.-18. Jahrhunderts. Zweite, ergänzte Aufl. München 1967. (BVB)
  • Petzold, Hartmut: Sonnenuhren von Erasmus Habermel und Markus Purmann. In: Deutsches Museum (Hrsg.): Meisterwerke aus dem Deutschen Museum. Band V. München 2003, S. 48-51. (BVB)
  • Kern, Ralf: Wissenschaftliche Instrumente in ihrer Zeit. Bd. 2: Vom Compendium zum Einzelinstrument. 17. Jahrhundert. Köln 2010. S. 487 (BVB)
  • Zenkert, Arnold: Faszination Sonnenuhr. Thun u.a. 1985. (BVB)
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