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Langbrennweitiges Linsenfernrohr mit Blechtubus

Inventarnr. 21794
Systematik 320.03.01 Astronomie / Astrophysik / Beobachtungsinstrumente mit brechenden oder reflektierenden Bauteilen / Refraktoren, Astrographen
Identität Original
Beschreibung Das Fernrohr ist in der Bauart ähnlich den langbrennweitigen Fernrohren, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts u.a. von Johannes Hevelius in Danzig und Eustachio Divini und Giuseppe Campani in Italien gebaut wurden. Es kam 1910 ins Deutsche Museum und befand sich davor in der Ansbacher Schlossbibliothek. Damals wurde angenommen, es handele sich um das Fernrohr, mit dem der Mathematiker und Astronom Simon Marius (1573–1624) 1609 die Monde des Jupiter beobachtet haben wollte, im gleichen Jahr wie Galileo Galilei (1564–1642). Dies ist allerdings sehr unwahrscheinlich, da Marius in seiner 1614 veröffentlichten Publikation "Mundus Iovialis" von einem transportablen Fernrohr sprach und darüber hinaus derart langbrennweitige Fernrohre erst seit Mitte des 17. Jahrhundert gebaut wurden. Möglichweise handelt es sich bei dem vorliegenden Fernrohr um ein Exemplar aus dem Nachlass von Johannes Hevelius, da 1713 ein Fernrohr mit zwei verschieden langen Rohren, deren Okular- und Objektivlinsen aus Danzig bezogen wurden, in die Altdorfer Sternwarte gelangte.
Der Tubus besteht aus 30 einzelnen, ineinander steckenden Eisenblechröhren (jede etwa 26 cm sichtbar). Durch Trennung nach der 17. Röhre lässt sich ein verkürzter Tubus herstellen. Für beide Längenvarianten sind aufsteckbare, hölzerne Objektiv- und Okularfassungen vorhanden.
Das erste Objektiv hat einen Linsendurchmesser von 5,2 cm und trägt auf der Holzfassung die handschriftliche Aufschrift: "Focus = 14 Schuh Amplificatio = 40 mahl". 14 Schuh entsprechen 4,39 m, die Vergrößerung 40 mal ist auf die Fläche bezogen. Dies entspricht einer linearen, 6,3fachen Vergrößerung.
Das zweite Objektiv besitzt keine Linse mehr und trägt auf der Holzfassung die Aufschrift:
"Focus = 25 Schuh Amplificatio = 100 mahl" entsprechend 7,8 m und 10fach.
Die beiden Okularfassungen besitzen ebenfalls keine Linsen mehr, d.h. vom gesamten Teleskop ist nur noch eine Linse vorhanden.
https://digital.deutsches-museum.de/item/21794/
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Beteiligte Konstrukteur: Hevelius, Johannes
Datierung Baujahr: um 1660
Technische Daten Tubusdurchmesser: 9,5 cm
Literatur
  • Fuchs, Franz: Der Aufbau der Astronomie im Deutschen Museum. In: Deutsches Museum, Abhandlungen und Berichte (1955) Nr. 1. (BVB)
  • Klug, Joseph: Simon Marius aus Gunzenhausen und Galileo Galilei. In: Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1904) Bd. 22, S. 385-526. (BVB)
  • Schlör, Joachim (Hrsg.): Mundus Iovialis - Die Welt des Jupiter. Gunzenhausen 1988. (BVB)
  • Zinner, Ernst: Zur Ehrenrettung des Simon Marius. In: Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft 77 (1942) Nr. 1. (BVB)
  • Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11.-18. Jahrhunderts. München 1956. (BVB)
  • Hartl, Gerhard: Ein astronomisches Fernrohr, zugeschrieben Simon Marius. In: Deutsches Museum (Hrsg.): Meisterwerke aus dem Deutschen Museum. Band IV. München 2002, S. 52-56. (BVB)
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