Carl August von Steinheil (1801-1870) hatte vor, Bergkristall-Normalgewicht zur Eichung weiterer bayerischer Normalgewichte zu benutzen. Das bayerische Pfund etwa maß 0,56 Kilogramm. Die Nachteile ... mehr anzeigen
Carl August von Steinheil (1801-1870) hatte vor, Bergkristall-Normalgewicht zur Eichung weiterer bayerischer Normalgewichte zu benutzen. Das bayerische Pfund etwa maß 0,56 Kilogramm. Die Nachteile der in Frankreich hergestellten Platin-Urkilogramm-Stücke sah Steinheil im Bergkristall ausgeglichen: Er war leicht zu schleifen und zu polieren, chemisch weitgehend unempfindlich sowie kratzfest. Platin hatte außerdem eine höhere Dichte und erfuhr damit in der Luft weniger Auftrieb als ein Bergkristall-Normalgewicht. Daher waren die Korrekturen für den Luftauftrieb weniger kritisch, wenn man einen Körper aus alltäglichem Material mit einem Bergkristall-Etalon statt einem Platin-Etalon verglich. Wegen seiner Säureunempfindlichkeit ließen sich mit Bergkristall auch hydrostatische Messungen anstellen, die zur Zeit um 1840 die höchste Genauigkeit erlaubten. Um den Rohkörper aus Bergkristall auf exakt ein Kilogramm zu bringen, wurde er an wenigen Stellen abgeschliffen beziehungsweise poliert. Die Kanten rundete man ab, um ihnen die Schärfe zu nehmen. Der hier vorliegende Körper ist an vier weiteren Stellen angeschliffen. Weniger anzeigen
Um mit dem Etalon einen weiteren Körper zu eichen, nutzte man die besten damals verfügbaren Präzisionswaagen - die ... mehr anzeigen
Um mit dem Etalon einen weiteren Körper zu eichen, nutzte man die besten damals verfügbaren Präzisionswaagen - die Etalonherstellung ging damit ständig Hand in Hand mit der Verbesserung der Wägetechnik. Steinheil trieb diese immer wechselwirkenden Verbesserungen an, da er gleichzeitig Etalone sowie neue Waagen (etwa eine Kugelwaage, vergleiche Inventarnummer 1609) konzipierte. Für die Vergleichsmessungen des Normalgewichts nutzte er allerdings keine eigenen Waagen, sondern von Repsold (Hamburg) hergestellte. Bergkristall-Normalgewichte wurden in den 1840er Jahren in Neapel und in den 1860er Jahren in Österreich eingesetzt, auch in England war noch 1870 ihre Nutzung angedacht. Weil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die meisten Unzulänglichkeiten, die Platin-Etalone bis dahin benachteiligt hatten, durch neue Herstellungsverfahren ausgeglichen worden waren, ging die Bedeutung des Bergkristall-Verfahrens wieder zurück. Mit der Erprobung von Bergkristall legte Steinheil jedoch Grundlagen für höhere Präzision und besonders gute Stabilisierung des Gewichts von Normalkörpern. Steinheil ließ das hier vorliegende Bergkristall-Gewicht wahrscheinlich von Carl Stollnreuther (1816-1892) herstellen. Stollnreuther war Mechaniker, gleichzeitig um 1870-80 Verifikator (Beglaubiger, also so etwas wie ein Eichbeamter) in München und arbeitete wohl auch in anderen Fällen für Steinheil, so etwa beim Messing-Etalon (Inventarnummer 1592). Obwohl Steinheil die Eichung seines ersten Bergkristall-Etalons noch persönlich während einer Reise nach Paris vornahm, überließ er nach der Etablierung des Verfahrens die Ausführung der Arbeiten erfahrenen Handwerkern. Weniger anzeigen