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Die Nagelgeige ist im eigentlichen Sinn keine Geige, sondern besteht aus einer Anzahl verschieden langer Drahtstifte. Sie werden mit einem Geigenbogen gestrichen, wobei die Länge der Nägel und ihr Durchmesser die Tonhöhe festlegt. Tiefer eingelassene Nägel entsprechen weitgehend den weißen Tasten auf einem Klavier, und weiter heraus ragende Nägel eher den Tönen der schwarzen Tasten. Der gespielte Ton wird durch einen Resonanzkörper aus Holz verstärkt. Die beiden um die Nägel herumgelegten Bügel dienen als Führungsleisten für den Bogen beim Spielen des Instruments. Weniger anzeigen
Das Instrument wurde von einem bayerischen Kammermusiker, Johann Wilde (gestorben 1770), um 1740 während dessen Aufenthalt in Sankt Petersburg erfunden. Es verbreitete sich im 18. und in der ersten ... mehr anzeigen
Das Instrument wurde von einem bayerischen Kammermusiker, Johann Wilde (gestorben 1770), um 1740 während dessen Aufenthalt in Sankt Petersburg erfunden. Es verbreitete sich im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Europa; ähnliche Instrumente befinden sich zum Beispiel im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (Slg. Rück MIR 623 sowie MI 43A), und auch das Deutsche Museum besitzt eine weitere Nagelgeige (Inventarnummer 63650). Das Instrument wurde in einschlägigen Zeitschriften besprochen, so etwa im "Journal des Luxus und der Moden" (Jahrgänge 9 [1794] und 11 [1796]). Nagelgeigen spiegeln die Experimentierlust von Instrumentenbauern aus dem 18. und beginnenden 19. Jahrhundert wider, die auch mit Hilfe von sehr ungewöhnlichen Materialien und akustischen Phänomenen versuchten, Musik spielbar zu machen. Sie wurden hauptsächlich in deutschsprachigen Gebieten und in Schweden von Orgel-, Klavier- und Gitarrenbauern hergestellt - kaum von Geigenbauern. In den 1790er Jahren entsprach der Preis für eine Nagelgeige dem einer gewöhnlichen Geige und stellte somit nicht nur eine Spielerei dar. Der Geiger und Komponist Friedrich Wilhelm Rust (1739-1796) präsentierte 1787 ein "Quartetto à Violino di Ferro, Violino Primo, Violino Secondo e Basso".
In die Akademiesammlung wurde das Exponat wohl auch deshalb aufgenommen, weil sich an ihm akustische Phänomene wie Resonanzen, die Abhängigkeit der Tonhöhe von der Länge der Nägel sowie die Erzeugung von Tönen durch verschiedene Bauformen (Metallstifte) gut demonstrieren ließen. Außerdem konnte sich das Instrument nicht verstimmen, weil die Frequenz der Töne nur von der Länge der Nägel abhängt.
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